Dienstag, 7. Oktober 2008

Tourtagebuch Hildesheim,Köln & Solingen

01.10.2008, VEB in der Kufa Hildesheim

Um die letzte, einmal mehr unendlich scheinende Spielpause zu beenden, waren wir heute endlich wieder da anzutreffen, wo wir als Asselcombo hingehören: auf der Straße. Und zwar nach einer letzten (General-)Probe in heimischen Gefilden. Wenig später wurden die ersten Giftgase zwischen die Plastefenster unseres Reisemobils und die Gehirnlappen aller Anwesenden gepumpt, begleitet von einer ganzen Menge Vorfreude auf die bevorstehenden Erlebnisse. Hildesheim hieß das erste Ziel der kleinen ost–westdeutschen Erfahrungsaustauschfahrt, zwei Tage vor den 19. Feierlichkeiten zur deutschen Einheit. Dort angekommen begrüßte uns ein gut gelaunter Siggi samt kleinem Team vom VEB und Kaffee. Das Ausladen übernahm im heutigen Fall ein Fahrstuhl gleich hinter der Heckklappe des Busses, der Aufbau war Sache von Minuten und so konnte sich Lars dem Spiegel widmen (in dem er sich nur die Bilder anschauen mochte), David und ich kümmerten uns um die gelangweilt umherstehenden Kicker der SPVGG Tischfußball und Philipp, der an diesem Wochenende in einer modischen Lederjacke der Marke „Hieb– und Stichfest“ Angst und Schrecken zu verbreiten versuchte, probte finstere Grimassen für den Ernstfall.
Da wir an diesem Abend die einzige Band sein sollten war alles unglaublich relaxt, es gab einen wunderbaren Broccoli–Nudel–Auflauf und das ein oder andere Bierchen dazu, feine Gespräche über dies, das und jenes, einige scherzhafte Bemerkungen zu Philipp’s Jacke, Lars pfiff weiterhin gut gelaunt aus allen Backen und die Betten waren für Ruhe Suchende auch schon liebevoll bezogen worden.
Gegen 21.00 wurden Tür und Tor dem Ansturm der Besucher geöffnet und es fanden sich innerhalb der nächsten Stunde ca. 40 Schau– und Hörlustige ein, worüber wir uns zwar freuten, doch die Stimmung bis zum Zeitpunkt unseres Auftritts hatte weniger Konzertcharakter, eher fühlte man sich wie in einem großen Wohnzimmer und jegliche Art lärmender musikalischer Beiträge schien eher überflüssig zu sein. Da es jedoch zu den pädagogischen Pflichten eines jeden Rockmusikers gehört, auf die momentane Gefühlslage Umherstehender (mit den sanften Tönen mehrerer Crashbecken, verzerrter E–Gitarren und einem die Herzfrequenz stimulierenden Bass) beruhigend einzuwirken, ließen wir uns nicht lumpen und begannen mit dem Set. Nach den ersten beiden Songs waren bei uns jegliche Bedenken die Lautstärke betreffend durch Davids rhythmisches und kräftiges Spielen einiger Takte auf dem Ride–Becken wie weggeblasen, das Publikum reagierte auf den erhöhten Eingangspegel unerwartet freundlich, aufgeschlossen und interessiert, was auch den Rest der Show so blieb und sich danach in Zugaben und Dankesbekundungen widerspiegelte. Eine Mugge der Kategorie „bitte mehr davon“!!
Nach dieser vorübergehenden Plattwalzung aller im Ohr befindlicher Organe gab es eine kleine Seltenheit zu bestaunen: am Merchandise–Tisch saßen Philipp und Christiane (die extra aus Osnabrück angereist war) und unterhielten sich. Langsam kamen alle anderen Bandkollegen dazu und plötzlich wollte Philipp Schnaps... wir alle nahmen die Forderung nach hochprozentigen Alkoholika nicht wirklich ernst, erst als er sich die „Hieb– und Stichfest“ überstreifte und laut „Ich will jetzt Wurzelpeter trinken“ skandierte, erkannten wir den Ernst der Lage und besorgten sofort bei dem Wolfgang Petry nicht unähnlichen Barkeeper eine Runde „root-pete“ für alle. Unfassbar aber wahr: nachdem Philipp das gut gefüllte Glas mit einem Hieb weg hatte, dachten ja alle Umstehenden zum einen, dass unserem lieben Bassisten wieder einmal Vampire erscheinen, wenn er in die nächste Erdnussschale schaut, zum anderen mit keiner Silbe daran, dass man hier noch Zeuge davon wird, wie sich Philipp den ersten Vodka–Ahoi seines Lebens hinter die Binde kippt. Aber es kam so! Vielleicht hatte Philipp viel Kraft gewonnen durch das stete Tragen der „Hieb– und Stichfest“, vielleicht freute er sich sehr über den bevorstehenden Tag der Einheit, es könnte jedoch auch die Wiedereroberung der Leichtigkeit nach bestandenen schweren Prüfungen gewesen sein; jedenfalls gab es wirklich Vodka mit Brausepulver. Danach bewegte sich der Sprachfluss einiger Anwesender allerdings umgekehrt proportional zum Wunsch, sofort ins Bett zu gehen. Wenig später wurden die Wünsche Wirklichkeit, sodass nur noch Lars und ich mit einigen Locals über die Welt philofaselierten - bis früh halb 6. Danach stiegen auch wir in unsere liebevoll bezogenen Karusselle ein und fuhren noch ein paar Runden, bis wir endlich schliefen.

02.10.2008, Alpha Bowling/ Wohnzimmer Lisse + Karo, Köln

Vor einiger Zeit hatten wir die Ehre gegen die alten Hasen von Nothing in Common Bowling zu spielen. Und heute war Zeit für das Rückspiel. Wir starteten nicht allzu früh in Hildesheim, hatten aber dennoch einen Besuch des Hermanndenkmals in Detmold auf dem Kulturführer der Reise stehen. Zusätzlich zu den beeindruckenden Konstruktionen des Denkmals war zur großen Freude aller Bandmitglieder noch ein sehr schöner Kletterpark in den Wald gebaut, wo wir uns mit Begeisterung auf Reifen, Schaukeln, Seile und Baumstämme schmissen wie eine Horde Kids auf Klassenfahrt. Fein fotografisch festgehalten sind einige Auszüge dieses herbstlichen Erlebnisses auch hier zu bewundern (hier gibt es dadurch auch die Möglichkeit sich ein Bild zu machen von der beeindruckenden Wirkung von Philipps „Hieb– und Stichfest“!!).
Nachdem wir anschließend noch einige Stunden auf der verstopften Autobahn rumgestanden hatten, erreichten wir das Bowlingcenter Alpha irgendwo in Köln, wo die komplette Originalbesetzung von Nothing in Common bereits sehnsüchtig darauf wartete, vom OKCCZ (Ostdeutscher Kegelclub Chemie Zeitz) überrollt zu werden. Anfängliche Schwierigkeiten wusste das Team um Trainer KingPin (zu erkennen an der Hieb– und Stich) durch kontinuierliche Leistungssteigerung über die Dauer des gesamten Wettkampfes zu kompensieren. Motto der gut eingestellten Ostler-Truppe: „Wenn´s hart auf hart kommt strike ich“. Bei den Gegnern wurde nur durch rar gesäte, in der Mehrzahl vom Glück bestimmte Einzelaktionen eine Art Gegenwehr spürbar. Durch fortschreitende Zermürbung in der Mannschaft Nothing in Common (der Name war bezeichnend für die taktische Einstellung der Mannen um Trainer Lisse) wurde das letzte Spiel des Tages zur absoluten Demontage und der OKCCZ fegte die (Brüder und) Schwestern von drüben nach ganz drüben.
Nach diesem lustigen Zusammentreffen zogen wir noch durch einige Kölner Kneipen, aßen Pizza, tranken Kölsch aus riesigen Gläsern (0,2l) und landeten schließlich in Lisses gemütlichem zu Hause, wo Untermieterin Karo eine Geburtstagsfete feierte und einige Freundinnen zum Martini geladen hatte. Wir integrierten uns in die feiernde Meute, klebten uns gegenseitig Zettel mit lustigen Namen auf die Stirn und jeder versuchte dann zu erraten, welcher Name ihm gegeben wurde. Einige der Namen waren jedoch nur nach einer ganzen Reihe Tipps zu lösen, Peter Kraus und Andy Borg waren da beispielgebend. Am schwersten aber war es für ein Bandmitglied, der noch immer nicht erraten konnte, welchen Künstler er verkörpert, nachdem er schon erfahren hatte, dass es sich um einen Musiker handelt, der aus Großbritannien kommt, schwul ist und etwa in der Zeit des Todes von Lady Diana einen seiner größten Erfolge feierte...
Nach einem Tag angefüllt mit einigen (denk-)sportlichen Anforderungen (auch der Kampf mit den Folgen des Mittwochs spielte hier eine Rolle) war es danach Zeit ins Bett zu gehen und ein wenig auszuschlafen.

03.10.2008, Club Cobra, Solingen

Nach einem sehr ausgedehnten und erholsamen Schlaf schälten wir uns gegen 13.00 aus den Schlafsäcken, um ein wunderbares Frühstück mit den Gastgebern Lisse+Karo zu zelebrieren.
Dabei beschlossen wir, am Nachmittag nach Düsseldorf zu fahren, wo die Lokalhelden der Band Oiro eine ganz besondere Idee umsetzen wollten: Sie hatten sich vorgenommen 10 Kneipen an einem Tag anzusteuern – mitsamt dem Equipment. Und in jeder Kneipe wollten sie dann 2 Lieder spielen und sofort weiterziehen. Das klang lustig und so wollten wir dabei sein. Als wir gegen halb 4 in Düsseldorf anlandeten, sahen wir schon von Weitem einen Tross aus ca. 100 Leuten den Bürgersteig entlangwaten. Tatsächlich waren das die 5 Oiro mitsamt Fananhang. Die erste Kneipe war schon bespielt und soeben wurde zur nächsten gezogen. Eine von aufmerksamen Anwohnern herbeigerufene Polizeistreife konnte davon überzeugt werden, dass es sich bei Transparenten mit Aufschriften wie „Herrengedeck“, „Bitte gehen Sie auf dem Bürgersteig“, „Diese Runde geht aufs Haus“ und „Lokalrunde“ nicht um politisch motivierte Aufrufe handelt. Die zweite Kneipe war nicht groß genug, um allen Schaulustigen Platz zu bieten, so musste die Tür für die draußen verbliebenen offen gelassen werden, was auch uns einen Eindruck des Spektakels ermöglichte, das sich im Gebäude zutrug: eiligst wurden überraschte Stammgäste hinter die Theke befördert, um der Flut der Bierbestellungen Herr zu werden, der Lärmpegel war innerhalb weniger Sekunden um ein Vielfaches angestiegen und die Fenster nach Sekunden beschlagen. Nach zwei Songs fielen die Heuschrecken ebenso schnell aus dem Laden raus, wie sie eingefallen waren, und der ganze Treck, bestehend aus vielen bekannten Gesichtern von der Riege der Punkrockfreunde (worüber wir uns sehr freuten), setzte sich zum dritten und für uns leider letzten Gig in Richtung Bahnhof in Bewegung. Wir verharrten noch die zwei Songs, mussten uns dann aber
auf die Socken machen, um pünktlich in Solingens Club Cobra anzulanden. Glücklicherweise liegt Solingen ja gleich bei Düsseldorf, so dass wir schwuppdiwupp im Club saßen und Kaffee tranken, weil wir bis dahin die einzige der insgesamt drei Bands vor Ort waren. Mit uns den Abend gestalten sollten zum einen PARAMA, mit denen wir vor einiger Zeit schon einmal im selben Club die Ehre hatten, zum anderen eine erst junge Kapelle namens CÜNTSLER. Als alle Mann sich zum fröhlichen Stelldichein zusammengefunden hatten, konnte das Auspacken im strömenden Regen beginnen. Einen Saal weiter hatten bereits die so genannten Rollin’ Stoned ihren Soundcheck, eine grandiose Rolling Stones–Coverband aus England, die später mit witzigen Perücken, Knieschonern und einem dem Namen entsprechenden süßlichen Geruch die anwesenden (älteren) Massen zu bewegen wussten. Dies aber nur am Rande, bei uns Hobby–Musikern wurde auch Sound gecheckt und die Reihenfolge festgelegt, dann gegessen und später auch ein Bier geköpft. Nachdem die CÜNTSLER den Anfang gemacht hatten, weil sie bisher nur ein Set von ca. 20 Minuten spielen konnten, waren wir dran. Wir mussten uns erst ein wenig an den Sound gewöhnen, nach 3 Liedern aber machte es wie schon am Mittwoch tierischen Spaß und alle vier waren drinne. Das ist geil!
Nach uns bespielten Parama die noch (wenn auch zahlenmäßig etwas unterbesetzten) anwesenden Interessierten, sodass 23.45 Uhr die Messe gesungen war, drei Bands gespielt und auch Rollin’ Stoned nach mehreren Stunden Programm endlich Pause hatten. Nach großen Verabschiedungszeremonien und einem Feierabendbierchen ging es für alle nach Hause, für uns in den liebevoll hergerichteten Proberaum von Parama, um uns die Nacht mit erholsamem Schlaf um die Ohren zu schlagen.

04.10.2008, Heimfahrt Solingen – Leipzig

Nach einem sehr leckeren Frühstück in der Cobra ging es für uns auf die Autobahn. Wider Erwarten kamen wir sehr gut durch, durchquerten auf der A 38 einen scheinbar menschenleeren (weil kilometerweit nicht mit Handyempfang versorgten Landstrich am Einfallstor zu Thüringen), nutzten auf der langen Strecke nur ein einziges Toilettenhäuschen (ich glaube das ist Bandrekord, mein persönlicher ist es zumindest!), lästerten noch ein wenig über Lisse und seine sportunkundigen Mannschaftskameraden und fuhren mit einem hochzufriedenen Lächeln auf dem Gesicht in der Heimat ein. Sehr schönes WE, DANKE AN ALLE BETEILIGTEN!!

Ecki

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